Hanf (Cannabis sativa L.)

Hanf als Kulturpflanze (Cannabis sativa L.)
Als Ursprungsgebiet von Cannabis Sativa L. gilt heute Zentralasien. Dort sind die ältesten Funde von Hanf zu verzeichnen.

HANF als Kulturpflanze                                                (Cannabis sativa L.)

Herkunft

Als Ursprungsgebiet von Cannabis sativa L. gilt heute Zentralasien. Dort sind die ältesten Funde von Hanf zu verzeichnen.

 

Geschichte

Hanf gehört zu den ältesten und vielfältigsten Kulturpflanzen der Menschheit. Erste Hinweise auf eine Nutzung durch den Menschen stammen aus einer Zeit von 12.000 vor Christus. Es existieren darüber hinaus Hinweise, dass im heutigen China schon im 28. Jahrhundert v. Chr. Bekleidungsstücke aus Hanffasern gefertigt wurden.

Über viele Jahrtausende war C. sativa L. ein ökonomisch wichtiger Lieferant für Fasern, Nahrungsmittel sowie Medizin und wurde in fast allen europäischen und asiatischen Ländern angebaut. Hanf stellte somit eine wichtige, zum Teil die wichtigste Rohstoffquelle für die Herstellung von Seilen, Segeltuch, Bekleidungstextilien, Papier und Ölprodukten dar. So hat z.B. Martin Luther die Bibel auf Hanfpapier geschrieben oder der Dollar besteht aus Hanfpapier.

Im heutigen chinesischen Gebiet wurden etwa 2.800 v. Chr. die ersten Seile der Welt aus Hanffasern gedreht und circa 100 v. Chr. das erste Papier der Welt aus Hanffasern geschöpft. Im 17. Jahrhundert, zu den Hochzeiten der Segelschifffahrt, erlebte der Hanf in Europa seine Blütezeit. Fast alle Schiffssegel und beinahe alle Takelage, Seile, Netze, Flaggen bis hin zu den Uniformen der Seeleute wurden aus Hanf hergestellt. Denn Textilien sowie Stricke und Seile aus Hanffasern waren nicht nur extrem reißfest, sondern hielten auch der Nässe stand. Bis ins 18. Jahrhundert waren Hanffasern zusammen mit Flachs, Nessel und Wolle die Rohstoffe der europäischen Textilindustrie. Die Textilreste oder Lumpen (Hadern) gingen damals in die Papierproduktion zur Zellstoffherstellung.

Der Niedergang der deutschen und europäischen Hanfwirtschaft begann im 18. Jahrhundert, als durch die Mechanisierung der Baumwollspinnerei die Baumwolle mehr und mehr an Bedeutung gewann. Bis Ende des 20. Jahrhunderts setzte sich der Rückgang der Hanffaserproduktion fort, bis er fast komplett bedeutungslos geworden war. Ursachen waren neben dem Siegeszug der Baumwolle der Rückgang der Segelschifffahrt und die Erfindung der Herstellung von Zellstoff aus Holz zur Mitte des 19. Jahrhunderts, sodass Hanf auch dort seine Bedeutung verlor. Schlussendlich gerieten die europäischen Hanffasern auch durch die günstigeren Importfasern Jute, Sisal und Abaca unter Druck. Außerdem eroberten im 20. Jahrhundert synthetische Fasern auch noch die technischen Einsatzgebiete des Faserhanfes. Gleichzeitig geriet der Nutzhanf infolge der Marihuana-Prohibition in Verruf, sodass in vielen Ländern der Erde der Hanfanbau komplett - unabhängig davon, ob es sich um Nutz- oder Drogenhanf handelte - verboten wurde und es teilweise bis heut ist.

 

Systematik

Cannabis ist eine Gattung der Pflanzenfamilie der Hanfgewächse (Cannabaceae) in der Ordnung der Rosenartigen (Rosales). Carl von Linné hatte ursprünglich angenommen, Cannabis sativa L. wäre die einzige Cannabis-Gattung (monotypische Gattung). Der Botaniker Lamarck beschrieb einige Jahr später aufgrund von morphologsichen Unterschieden und dessen berauschenden Eigenschaften eine neue Art: Cannabis indica. Des Weiteren wurde 1962 durch Janischewsky mit Cannabis ruderalis eine weitere Cannabis-Gattung bezeichnet. Die genaue systematische Einteilung war lange Zeit umstritten. Im 20. Jahrhundert existierten daher verschiedene Modelle. Neben der Idee der drei eigenständigen Arten, erklärten einige Forscher die drei Sippen zu Unterarten von Cannabis sativa. Der Amerikaner Karl W. Hillig stellte im Jahr 2003 mit einer ausführlichen genetischen Forschungsarbeit Cannabis sativa und Cannabis indica als zwei eigenständige Arten heraus. Der Artrang von Cannabis ruderalis konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Durch eine weitere Studie von Hillig und Mahlberg im Jahr 2004 konnten die vorigen Ergebnisse bestätigt werden und somit besteht die Gattung Cannabis sativa aus zwei Arten:

1) Hanf (Cannabis sativa) L.

       Kultur-Hanf Cannabis sativa var. sativa

       Wild-Hanf Cannabis sativa var. spontanea Vav.

2) Indischer Hanf (Cannabis indica) Lam.

 

Eine Sequenzierung des Genoms erfolgte im Jahr 2011 und ergab eine haploide Genomsequenz von 534 Millionen Basen (Mb) und ein Transcriptom von 30.000 Genen, die in 20 Chromosomen (diploid => 2n = 2x = 20) vorliegen [Q2 & Q3].

 

[Q2]

Henryk Flachowsy

Erstellung einer genetischen Karte an Hanf (Cannabis sativa L.) mit molekularen Markern.

https://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/03/03H174/ 

[Q3]

van Bakel et al

The draft genome and transcriptome of Cannabis sativa

https://genomebiology.biomedcentral.com/articles/10.1186/gb-2011-12-10-r102

Botanik

Hanf gehört zu den einjährigen, krautigen Pflanzen und ist ursprünglich zweihäusig (diözisch). Das bedeutet, es gibt weibliche und männliche Pflanzen, wobei die weiblichen Blüten in Trauben und die männlichen Blüten in losen Rispen angeordnet sind. Allerdings treten auch einhäusige Pflanzen und andere intersexuelle Typen auf, aus denen man monözische Hanfsorten züchtete. Hanf zeichnet sich durch eine kräftige, tiefgehende Pfahlwurzel mit vielen Seiten- und Nebenwurzeln aus, wodurch eine intensive Bodendurchdringung gewährleistet ist. Der Spross der Hanfpflanze ist einachsig, demzufolge gibt es keine Seitentriebe. Im Bestand kann die Gattung Cannabis Wuchshöhen zwischen 2 und 4m erreichen. In Extremfällen treten auch Pflanzen mit einer Wuchshöhe von bis zu 6 Metern auf. Der Faserteil des Hanffstängels ist auf einen verholzten Innenzylinder aufgelagert.

Die Blätter der Hanfpflanze sind vorwiegend gegenständig angeordnet und in der Regel siebenteilig gefingert (palmat). Die Männliche Pflanze wird Femelhanf bezeichnet, die weibliche als Masklhanf. Die Zweihäusigkeit hat eine Fremdbefruchtung zur Folge, in diesem Falle ist Wind das Übertragungsmedium (Windbestäubung). Die Früchte des Hanfes werden Nüsschen oder Achänen genannt; hierbei handelt es sich um einsamige Schließfrüchte, die zu den Nussfrüchten gehören, denn sie verfügen über eine komplett verholzte Fruchtwand (alle drei Schichten des Perikarps sind verholzt).

 

Heutige Nutzung

Seit den 1990er Jahren ist der Anbau von Nicht THC-haltigem Hanf in Deutschland unter der Einhaltung von diversen Vorschriften wieder erlaubt. Seitdem hat der Hanfanbau kontinuierlich zugenommen, trotzdem haben nur wenige Landwirte Hanf in die Produktion genommen. Mit den ausländischen Marktpreisen kann die deutsche Landwirtschaft nicht mithalten. Weltweit liegt die Hanfproduktion in Zeiten, wo regenerative Rohstoffe gefordert sind, aber noch deutlich unter der Nachfrage.

Seit 2017 darf Hanf in der EU auch nach dem 30.06. eines Jahres anbaut werden.  So kann man beim Eindrillen im Juli (nach der Ernte z.B. von Wintergerste oder –weizen) auch in Deutschland eine zweite Ernte erfolgreich erzielen (Lit. topagrar 05/2015). Dieser sogenannte Winterhanf steht nicht in Konkurrenz zur einer Hauptfrucht, wächst bis die Temperaturen ca. 4°C erreichen und wird in einer trockenen Periode Ende Februar bzw. Anfang März des Folgejahres gemäht und gleich gepresst. Dieser Hanf wächst nur bis zu 2 m hoch, wird über Winter schonend geröstet (Standröste) und ergibt sehr feine, elementare, wertvollere Hanffasern für die Textilindustrie.

Aufgrund seiner vielfältigen Eigenschaften konnte Hanf sich in vielen Bereichen der Wirtschaft wieder ansiedeln. Heute können drei Komponenten von Cannabis genutzt werden: Die bekannten Fasern, aber auch der Holzteil als sogenannte Schäben sowie die Samen.

Fasern werden zum Beispiel eingesetzt als Dämmstoff im Hausbau, zur Abdichtung bei der Verschraubung von Rohgewinden und als Verstärkung von Sitzverschalungen, Türinnen- und Kofferraumverkleidungen. Des Weiteren können die Fasern in Zellstoffen, Spezialpapier (z.B. Banknoten), naturfaserverstärkten Kunststoffen und Vliesen, wie beispielsweise Aufzuchtvliesen für Kressesamen genutzt werden. Aber vor allem die weitere Ausdehnung des Dämmstoffmarktes und die Nutzung von naturfaserverstärkten Kunststoffen auch außerhalb der Automobilindustrie bestimmt aktuell das Wachstum des europäischen Hanfmarktes. Der Vorteil der Hanffasererzeugnisse liegt eindeutig in der sehr guten Widerstandsfähigkeit gegen Verschleiß, sodass die Erzeugnisse nicht nur eine längere Lebensdauer haben, sondern auch durch Recycling wieder verwendet werden können. Deshalb finden sie unter anderem auch bei der Herstellung von Koffern, Laptopgehäusen und Schleifscheiben Verwendung. 

Heute werden auch feine Hanffasern für die Textilindustrie hergestellt. Es liegen sehr gute Erfahrungen mit Samensorten aus Frankreich, Russland und der Türkei vor. Der Anbau und die Aufarbeitung sind entscheidend zur Gewinnung von verspinnbaren Hanffasern. Es konnten bereits Hanfmischgarne „made in Germany“ bis zu Nm 50/1 und 50 % Hanfanteilen gesponnen werden. Das 100 % Hanfgarn aus elementaren, feinen Hanffasern ist nur eine Frage der Zeit.

Auch die Schäben können in im Hausbau eingesetzt werden, zum Beispiel in Verbindung mit Lehm als Leichtbauplatten. Solcherlei neuartige Bauelemente eignen sich hervorragend für ökologoisches Bauen. Desweiteren sind Hanfschäben ein erneuerbarer Rohstoff für die Tierproduktion. Hier dienen sie als äußerst saugfähiges und geruchsneutralisierendes Einstreu bei allen Tierarten. Auch im Kleintierbereich sind Hanfschäben beliebt.

Hanfsamen hat vielfältige Einsatzgebiete. Zum einen können Hanffsamen pur (geschält oder ungeschält) in der Lebensmittelindustrie verwendet werden. Hanföl hat eine für die menschliche Gesundheit positive Festtsäurezusammensetzung und ist sehr gesund.

Außerdem ist Hanföl Basis für Farben, Lacken, Waschmittel und in der Kosmetik gefragt. Schlussendlich spielt Hanf auch in der Pharmazie eine Rolle. Hierfür gibt es speziell gezüchtete Sorten, welche auf entsprechende Inhaltsstoffe gezüchtet sind, die schmerzlindernd, aber nicht berauschend wirken.