Aufschlusstechnik

Fasergewinnung durch mechanische Aufschlussverfahren

Die Gewinnung der Fasern erfolgt in sogenannten stationären Faseraufschlussanlagen.

Bastfasern liegen im äußeren Bereich von Faserpflanzenstängeln. Im inneren Teil der Stängel befinden sich die holzigen Bestandteile, die sog. Schäben. Somit erfordert die Fasergewinnung die Trennung des Faser-Schäben-Verbundes. Dies erfolgt durch Überschreitung ihrer Verbindungskräfte. Als Grundvoraussetzung gilt dabei die Schwächung der sie zusammenhaltenden „Kittsubstanzen“. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Pektine, die im Rahmen der „Röste“ durch Mikroorganismen abgebaut (verstoffwechselt) werden.

Der mechanische Eintrag der zur Überwindung der Bindekräfte notwendigen Druck-Schub-Kräfte erfolgt entweder durch Brechen und Knicken (Brecherwalzen-Prinzip) oder Beschleunigungskräfte (Prallentholzung => Hammermühlen-Prinzip). Beide Ansätze nutzen die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften der Fasern (flexibel) und Schäben (spröde) innerhalb des Stängelverbundes.

Ein erheblicher Teil der Ausrüstungen in Aufschlussanlagen dient der Reinigung der Fasern von Schäben und Stäuben.

Brecherwalzen sind sowohl Komponenten der Langfaserschwinge als auch von Anlagen zur Kurz-/ Gesamtfasergewinnung. Die Anwendung des Hammermühlen-Prinzips beschränkt sich auf die Erzeugung von Kurz-/ Gesamtfasern.

EXKURS Lang- und Kurz-/Gesamtfasern

Die Begriffe Lang-/Kurzfasern stammen aus dem Bereich der Fasernutzung im Garn- und Gewebebereich. Je feiner, fester und länger eine Bastfaser ist, desto dünner, und damit hochwertiger, sind daraus produzierbare Garne. Bastfasern können eine Länge von ca. 400 mm erreichen. Eine genaue Abgrenzung zwischen Lang- und Kurzfasern ist schwer. Vielmehr resultiert die Unterscheidung aus der Erzeugung in der Schwinge: lange Fasern verlassen den Prozessraum über den Transportriemen. Kurze, auch „Werg“ genannte Fasern, werden zusammen mit den Schäben abgekämmt und fallen auf das unter der Anlage befindliche Transportband (grobe Unterscheidung: > 150 mm = Langfasern; < 150 mm = Kurzfasern). „Gesamtfaser“ bezieht sich auf Anlagen, in denen alle Fasern den Prozessraum auf demselben Wege verlassen. Da sie i.d.R. < 150 mm sind, gelten sie als „Kurzfasern“.

Schwinge (Langfasern)


Ballenabroller (Bild 01)

Zulauf Schwinge (Bild 02)

Einlauf Schwinge (Bild 03)




Brecherwalzen (Bild 04)

Schwingturbine (Bild 05)

Langfaserauslauf (Bild 06)



Die parallel im Rundballen vorliegenden Stängel werden mit den sie fixierenden Schnüren abgewickelt (Bilder 01+ 02) und über den Materialfluss vergleichmäßigende Elemente (Bild 03) verzahnten Walzen zugeführt. Diese greifen, gegenüberliegenden Zahnrädern vergleichbar, ineinander, wobei der Spalt zwischen ihnen so groß ist, dass das Stroh hindurch gleitet und durch die von der Verzahnung bewirkten Knickbewegungen gebrochen wird (Bild 04).

Anschließend kämmen „Paddel“ (Bild 05) die von Riemen fixierten Fasern ab. Weniger feste Fasern und Schäben werden hierdurch abgesondert und fallen auf ein unter der Anlage befindliches Transportband. Die festen Fasern verbleiben, fixiert durch den Riemen, im oberen Teil der Schwinge und verlassen den Prozess am Ende der Maschine, (Bild 06) wo sie anschließend zu Rundballen verpresst werden.

Die Wergfaser-Schäbenfraktion wird in einem separaten Prozess, der sog. Wergreini-gung, von den Schäben gereinigt. Wergfasern (auch „Kurzfasern“ genannt) finden, wesentlich beeinflusst von ihrer Sauberkeit, Verwendung vom Zellstoffsektor (Reinheit ca. 75%) bis in die Spinnerei (Reinheit min. 98%).

Gesamtfaseranlagen


Brecherwalzen (Bild 07)

Hammermühle (Bild 08)


Nach dem Brecherwalzen-Prinzip arbeitende Anlagen haben ihren verfahrenstech-nischen Ursprung in der Wergreinigung. Zum Faseraufschluss dienen Brecherwalzen, denen geröstetes Faserpflanzenstroh in Wirrlage über einen Ballenöffner zugeführt wird. Die bereits beschriebenen Brech- und Knickeffekte lösen die Verbindungen zwischen Fasern und Schäben.

Nach dem Hammermühlen-Prinzip arbeitende Anlagen verarbeiten gleichfalls in Wirr-lage vorliegendes geröstetes Faserpflanzenstroh. Jedoch werden hier die Faser-Schäben-verbünde durch Aufprall der Wirkelemente (auf Wellen montierte sog. „Schlegel) auf das Stroh gelöst. Zugrundliegendes Wirkprinzip sind hier Trägheit und Beschleunigung.



Stufenreiniger (Bild 09)

Unternadelschüttler (Bild 10)


Die anschließenden Reinigungsschritte sind identisch: die Gemengetrennung erfolgt gravimetrisch über Schütteln und/oder Sichtung im Stufenreiniger. Anschließend erfolgt i.d.R. eine Faseröffnung durch Verzug, wobei, in Abhängigkeit der weiteren Faserverwendung, eine weitere Reinigungsstufe nachgeschaltet sein kann. Schließlich werden die Fasern kompaktiert und zu Ballen gepresst.


Beide Verfahren sind dazu geeignet, Reinheiten von über 98% zu erzielen.